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Die Entwicklungen des Jahres 2020

Was ist eigentlich inzwischen passiert? Doch so einges und ich freue mich, dass viele von euch daran Intersse haben. Nachfolgende möchte ich euch meine bisherigen Erlebnisse im Jahr 2020 zusammenfassend vorstellen. Aber denkt so wie auch beim ersten Bericht daran: Es handelt sich um mein persönliches Erleben. 

Danke.

 

In den vergangenen Wochen haben mich E-Mails, aber auch Kommentare über die Website meiner Geschichte www.ichwarreservist.de erreicht. Gefragt wurde danach, wie es denn nun mit meiner Geschichte nach dem Gespräch mit Generalmajor Schneider, dem Vize-Präsidenten des Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, kurz BAPersBw, weitergegangen ist. Und ob es überhaupt weitergegangen ist.

Ja, es haben sich weitere Entwicklungen ergeben und an denen möchte ich euch natürlich gerne teilhaben lassen. Aber zunächst einmal möchte ich mich bei euch allen bedanken. Als ich im vergangenen Jahr meine Geschichte veröffentlichte, hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie derart weite Kreise ziehen würde. Ein großer Hebel dafür war sicherlich, dass Thomas Wiegold meine Erzählung in seinem Blog „Augen geradeaus!“ Aufgegriffen hat. Ich danke allen, die sich danach bei mir gemeldet haben und die meine Geschichte verfolgt haben. Neben 75 Kommentaren auf der Seite, habe ich eine unglaubliche Menge an E-Mails erhalten. Überwiegend mit Zuspruch und vielen ähnlichen Geschichten wie meiner eigenen. Aber auch mit meist konstruktiver Kritik und neuen Perspektiven zum Nachdenken. Ich fand das sagenhaft und bin ich immer noch hin und weg.

Danke also dafür, aber nun erzähle ich gerne, wie es weiterging.

Plötzlich wird kommuniziert

Nach meinem Gespräch mit Generalmajor Schneider vor fast genau einem Jahr, wurde mein Fall im BAPersBw Anfang 2020 noch einmal aufgegriffen und erneut betrachtet. Wer allerdings gedacht haben mag, dass der Kontakt zum General sicher für die eine oder andere „Kurve“ um etwaige Regeln gut war, der hat sich geirrt. Und das ist auch gut so. All die Dinge, die nach dem Gespräch ihren Lauf nahmen, fußten auf den gängigen Einstellungsregularien. Niemand musste sich selbst, oder den bestehenden Regelkatalog dafür verbiegen. Ich persönlich weiß diesen Umstand, so merkwürdig es vielleicht klingen mag, sehr zu schätzen. Denn ich kann verstehen, dass manche Menschen eine gewisse Sonderbehandlung wittern. Das wäre mir aber selbst unangenehm. Stattdessen kann ich, denke ich, aufrecht behaupten, dass es eher Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen, die kontinuierliche Suche nach Lösungen und mein weiterhin hohes Eigenengagement sind, die die Dinge mitgetragen haben. Neben dem Umstand, dass will ich überhaupt nicht anders darstellen, dass mein bisheriger Einsatz und die vielen Gespräche, die ich geführt haben, bei denjenigen Menschen, die mir halfen und helfen, für ein gewisses Wohlwollen gesorgt haben. Und das freut mich. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich immer noch mit aller mir möglichen Energie das Ziel verfolge, Reserveoffizier sein zu dürfen, sofern mein Beitrag an irgendeiner Stelle in der Bundeswehr wertvoll ist. Darf man darauf auch stolz sein? Ja, denke ich. Das darf man. Selbst dann, wenn man am Ende sein Ziel nicht erreicht. Aber – soviel sei schon einmal gesagt – wir sind ja noch nicht am Ende.

Ein wesentlicher Punkt, der sich nach meiner Begegnung mit Generalmajor Schneider und Oberstleutnant Conrad geändert hat, ist die Kommunikation mit mir. Als mein Fall wieder aufgerollt wurde, bekam ich feste Ansprechpartner, die mich regelmäßig auf dem Laufenden hielten und sowohl per Mail, als auch per Telefon für mich erreichbar waren. Ich wurde zurückgerufen, wenn ich eine Frage hatte und hörte auch nicht mehr ständig, dass mein Ansprechpartner nicht zuständig sei. Ich erhielt keine neuen Telefonnummern mehr, sondern wenn mein Ansprechpartner mir in einer Sache keine Auskunft geben konnte, besorgte er sich das Wissen innerhalb der Organisation und gab es an mich weiter. Was freilich viel schneller und besser funktionierte, als meine Eigenrecherche.

Ich bin im Besonderen Generalmajor Schneider, Oberstleutnant Conrad und Oberstleutnant Koch dankbar für ihr Bemühen um mich und vor allem die Wertschätzung, die sie mir zeigten, in dem sie mich und meine Sache nicht einfach links liegen ließen oder „wegdelegierten“, sondern sich der Dinge annahmen, soweit es ihnen möglich war. Die Haltung gegenüber mir, die ich seitdem seitens des BAPers erlebt habe, würde ich mir für die gesamte Organisation als Vorbild im Umgang mit all jenen wünschen, die Dienst in unseren Streitkräften tun möchten. Ich weiß, dass das immer personenindividuell ist. Ich weiß aber auch, dass das innerhalb der Bundeswehr nicht nur für das BAPers ein erstrebenswertes Ziel sein kann. Nach wie vor werde ich von Menschen angesprochen, die immer noch ähnliche Erfahrungen machen, wie ich sie 2017 bis 2019 gemacht habe.

Das medizinische Problem mit meinem Gehör

Ein wesentlicher Grund, der ja dafür sorgte, dass man mich nicht in die Laufbahn der Reserveoffiziere übernehmen wollte, war damals der Umstand, dass ich eine leichte Hörschwäche habe. Wer meinen ersten Beitrag gehört oder gelesen hat, der weiß ja noch, dass es nicht so ist, als wäre ich halb taub. Nichtsdestoweniger waren die Befunde für die Bundeswehr damals, trotz der Ausnahmeempfehlung eines Bundeswehr-HNO, ausreichend genug, um meinen Laufbahnwechsel abzulehnen.

Als mein Fall nun wieder aufgenommen wurde, wurden natürlich auch die medizinischen Grundlagen erneut geprüft. Ähnlich, wie der HNO in Westerstede, befand auch ein anderer Arzt, dass mein Einsatz als Offizier unter bestimmten Auflagen kein Problem sein sollte. Die Auflage etwa, dass ich nicht regelmäßig in einer Lärmumgebung über 85 Dezibel arbeiten darf. Angesichts meines Kompetenzprofils und Einsatzwunsches, wäre das keine Schwierigkeit gewesen. Als ich diese Nachricht erhielt, war ich natürlich absolut hoch erfreut. Aber, wie das eben so ist, folgte dieser Freude ein schneller Dämpfer. Der für die Ausbildung zuständige Organisationsteil der Bundeswehr befand nämlich, dass ich unter diesen Umständen dann ja nicht an der Schießausbildung teilnehmen dürfe. Und da die nSAK-Ausbildung eine zwingende Voraussetzung für den Laufbahnwechsel sei, könne ich eben doch nicht in die Offizierslaufbahn übernommen werden.

Gemeinsam mit dem BAPersBw wurde entschieden, dass wir diesen Sachverhalt noch einmal mit dem medizinischen Dienst besprechen würden. Warum? Weil man bei der Schießausbildung Gehörschutz trägt und uns einfach nicht eingehen wollte, warum meine Einschränkung ein grundsätzliches Ausschlusskriterium für den besagten Ausbildungsteil sein sollte.

Es ergab sich dabei, dass die Nutzung eines aktiven Gehörschutzes Abhilfe schaffen würde. Mit aktivem Gehörschutz also, wäre es mir möglich auch an der Schießausbildung teilzunehmen. Problem gelöst, dachte ich. Aber so ganz war es dann doch nicht. Bestehen bleibt nämlich, dass ich eine Hörbeeinträchtigung habe. Bestehen bleibt auch, dass man den Gehörschutz ja vielleicht nicht immer trägt. Und in so einem Moment könnte es durchaus passieren, dass irgendwo zu nahe geschossen wird und sich daraus gegebenenfalls ein weiterer Gehörschaden ergeben könnte. Und wer sollte diese Verantwortung tragen? Ich habe zwar immer wieder betont, dass man den aktiven Gehörschutz ja quasi permanent in den entsprechenden Gefahrenbereichen tragen könne. Ist ja kein Ohrenstöpsel, durch den man plötzlich nichts mehr hört. Aber trotzdem war für mich verständlich, dass man einen Schießausbilder braucht, der bereit ist, mich unter dieser Voraussetzung auszubilden.

Gefunden haben wir ihn bisher nicht. Aber das war aus anderen Gründen leider auch erst einmal nicht nötig.

rDie überraschende Kehrtwende des CIR

Wie ihr ja vielleicht noch wisst, startete meine Reise in den Reservedienst im Zentrum operative Kommunikation der Bundeswehr, kurz ZOpKomBw, bei Radio Andernach, wo ich etwa zwei Jahre lang in Wehrübungen aktiv war. Im Verlauf der Geschehnisse zwischen 2017 und 2019 wurde meine Beorderung dort schließlich ohne mein Zutun vom zuständige Karrierecenter gelöst. So ganz begriffen habe ich das nie, denn nach wie vor hätte ich dort als Mannschafter weiter üben können.

Allerdings musste ich auch feststellen, dass die Unterstützungsbemühungen des ZOpKom in meine Richtung nach und nach nachließen. Ich nenne an dieser Stelle keine Namen. Das spielt keine Rolle und ich möchte niemanden bewusst beschädigen. Die Verantwortlichen dort schilderten mir zwar, dass man immer noch stark an einer Zusammenarbeit interessiert sei und die vom BAPers geforderten Vorbereitungen dafür auch veranlasste. Aber an wesentlichen Stellen des Prozesses, blieb die Unterstützung dann aus. Ich hatte den Eindruck, dass die Sache dem einen oder anderen dort zu heiß wurde. Denn das BAPersBw wollte schließlich, dass ZOpKom sich mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum, der übergeordneten Dienststelle, dahingehend vereinbarte, ob man mit mir unter den gegebenen Rahmenbedingungen weiterarbeiten wolle. Zu dieser Abstimmung kam es aber nie. Das ZOpKom sah sich hierzu nicht befugt und auch nicht zuständig. Das BAPers müsse das doch entscheiden, hieß es. Es kam wieder einmal zu einem gewissen Pingpong-Spiel, in dessen Mitte ich selbst stand. Ich engagierte mich in der Kommunikation zwischen ZOpKom, Kommando CIR und BAPersBw. Aber dieses Spiel konnte ich nicht gewinnen. Ich hatte dafür einfach nicht die richtigen Tischtennisschläger.

Seitens des Kommando CIR schilderte man mir, dass mein Fall ja schon recht kompliziert sei. Natürlich. Mir war das auch bewusst. Aber eigentlich war ja inzwischen bereits vieles aus dem Weg geschafft worden. Das ZOpKom hatte einen Dienstposten für mich. Es fehlte nur noch die Bereitschaft das Kommando CIR mich einzustellen. Das BAPers hätte sich dann um meine Ausbildung gekümmert.

Ich führte während dieses Spiels viele Telefonate mit Menschen, von denen ich eigentlich gedacht hatte, sie wollten mich unterstützen. Aber plötzlich war das so nicht mehr wahrnehmbar. Plötzlich war meine Sache dann doch zu kompliziert.

Am Ende dieses Weges erhielt ich einen Anruf von Generalmajor Setzer, dem stellvertretenden Inspekteur des Kommando CIR. Er sagte mir, dass sich das CIR gegen meine Einstellung entschieden habe. Dabei ging es aber nun nicht mehr um mein Gehör oder andere Aspekte meines nicht ganz einfachen Falles. Das Argument war, dass man den Dienstposten, für den man mich vorgesehen hatte, anders besetzen könne. Es täte ihm leid. Er wisse meinen Einsatz zu schätzen. Es sei ja nicht selbstverständlich, dass sich jemand so um die Bundeswehr bemühe. Das erlebe man ja auch anders. Aber trotzdem sei es wie es sei.

Der aktuelle Stand der Dinge

All dies dauerte etwa ein halbes Jahr. Man darf aber nicht vergessen, dass die Coronakrise die Aufmerksamkeit natürlich auf wesentlichere Dinge lenkte. Vielleicht wäre das sonst schneller gegangen.

Aber da stehen wir jetzt. Ich habe keine Beorderung, bin Obergefreiter der Reserve, werde derzeit nicht mehr zu Übungen herangezogen und stehe somit auch ohne Einheit da. Ich war überrascht und durchaus auch enttäuscht nach all dem Bemühen, dass sich das Kommando CIR so von mir verabschiedete. Ich erhielt auch noch einen Brief, in dem stand, meine ehemalige Einheit würde sich noch bei mir verabschieden. Das hat sie leider nicht getan.

Ich weiß nicht. Vielleicht ist es auch ein wenig der Geruch des Querulanten, weil ich einfach nicht nachgeben wollte, der an entscheidenden Stellen dazu führte, dass mir die nötige Unterstützung versagt wurde.

In einem später folgenden Gespräch mit Generalmajor Schneider, sagte dieser mir, dass das BAPers als Bedarfsdecker diesen Umstand nicht ändern könne. Und das ist mir natürlich bewusst. Der General sagte mir aber auch, dass das BAPers weiterhin Ausschau nach einer Einsatzmöglichkeit für mich halten würde. Gäbe es einen Bedarfsträger in der Bundeswehr, der meinen Dienst und mein Engagement braucht und gerne annehmen möchte, würde sich das BAPers um Einstellung und Ausbildung kümmern. Ich weiß das sehr zu schätzen.

Entsprechend bin ich aktuell auf der Suche nach einer Einheit, in die ich mich sinnvoll einbringen kann. Das Kommando CIR beziehe ich bei dieser Suche nicht ein. Zwar bin ich mir im Klaren darüber, dass vermutlich gerade dort ein Teil meiner Qualifikation ein Einsatzgebiet hätte, aber ich muss sagen, dass ich mich für den Moment dennoch um eine Alternative bemühen möchte. Dabei schaue ich freilich vor allem auf die Marine, die nach wie vor meine Heimat-Teilstreitkraft ist und deren Uniform ich nach wie vor trage.

Dass es schwer werden dürfte, quasi auf eigene Faust einen Platz für mich zu finden, weiß ich.  Insbesondere deshalb, weil ich meine Meinung über die Einstellung nach §43 in Verbindung mit §26.4 der Soldatenlaufbahnverordnung nicht geändert habe. Für mich kommt nur die Einstellung nach §26.2 in Frage. Solange, bis an den Voraussetzungen des anderen Paragraphen grundlegende Dinge fairer gestaltet werden. Wer dazu mehr wissen möchte, kann das im ersten Teil meiner Geschichte nachhören oder nachlesen.

Ich sehe meinen Weg noch nicht am Ende. Vielmehr sehe ich es so, dass ich an einer Kreuzung angelangt bin und nochmal abbiegen muss. Und genau das tue ich. Ich gehe weiter. Und ich werde sehen, ob ich auf dem Weg jemandem begegne, der mit mir geht oder ob ich einfach noch eine Weile allein unterwegs sein werde.